«Wir sind auf dem Rücksitz von Oldtimern grossgeworden»: Weshalb ihre Kunden bereit sind zu «bluten»

Sandro und Loris Egli haben das Schlieremer Geschäft Prestige-Cars von ihrem Vater übernommen. Bald könnten sie in Schlieren die letzten Oldtimer-Händler sein.

Das Tor zur Werkstatt in Schlieren auf dem ehemaligen Wagi-Areal öffnet sich. Der 52-jährige Alfa Romeo mit ratterndem Motor fährt mühelos durchs Tor und raus an die frische Luft. Dort wird er bereits von Passanten bestaunt. Nicht etwa wegen seines Aussehens. Sondern wegen dessen Motor und Auspuff – er heult und raucht.

Das Familienunternehmen Prestige-Cars gibt es nun bereits seit über 40 Jahren. Hans-Ruedi Egli gründete die Firma in den 1970er-Jahren und handelte fortan mit Oldtimern. «Es ist das Lebenswerk unseres Vaters», sagt Sohn Loris Egli, 29, der die Firma heute zusammen mit seinem Bruder Sandro Egli, 27, führt. Sie hätten es dem Vater zu verdanken, dass auch sie heute von den alten Autos angetan sind: «Wir sind auf dem Rücksitz von Oldtimern grossgeworden.»

Von der Ausbildung bis zur eigenen Werkstatt

Während Loris Egli gelernter Automechaniker ist und sich in der Werkstatt an der Wagistrasse 2 um den Service und das Restaurieren der Oldtimer kümmert, ist Bruder Sandro für den Handel mit den alten Gefährten zuständig. Bereits während der Ausbildung habe er immer wieder an den Oldtimern des Vaters geschraubt, sagt Loris Egli.

Von modernen Autos ist der Mechaniker aber kein Fan: «Sie sehen alle gleich aus.» Bei Oldtimern hingegen habe man etwas Aussergewöhnliches. «Oldtimer fährt man mit allen Sinnen», sagt er weiter. «Man riecht, hört oder spürt, wenn etwas nicht gut ist», fügt Bruder Sandro hinzu. Beide fahren viel mit ihren eigenen Oldtimern und bestreiten ab und zu auch organisierte Rennen. Sandro Egli fährt am liebsten mit seinem alten Alfa Romeo: «Es ist immer schön, wenn ich den Autoschlüssel drehen kann.»

Der Alfa Romeo sei sein Alltagsauto, sagt er. Ob schnell zum Einkaufen, zum Wochenendausflug ins Tessin oder zur Arbeit – er braucht ihn täglich. «Schliesslich ist er zum Brauchen da.» Und: «Rumstehen ist schlimmer als rumfahren.» Deshalb sei auch ein regelmässiger Service wichtig.

Neben der Werkstatt befindet sich im selben Gebäude auch der Showroom von Prestige-Cars. Zu Beginn seiner Karriere handelte Vater Egli noch in Dübendorf mit Oldtimern. Anschliessend bezog er mit seinem Showroom Quartier in Birmensdorf und 2006 zog er schliesslich an die aktuelle Adresse in Schlieren.

Die Schmuckstücke in der Sammlung sind ein dunkelblauer Aston Martin DB6, ein grüner Aston Martin DB 2/4 sowie ein Lancia Delta. Die Oldtimer, die sie hier präsentieren, gehören allerdings nicht alle ihnen, wie Sandro Egli erklärt. Sie warten im Showroom nur darauf, entweder vom Werkstattchef Loris restauriert oder von Sandro verkauft zu werden.

Service bei rund 100 Oldtimern pro Jahr

«Eine gewöhnliche Restauration dauert zwei Jahre», sagt der Werkstattchef. Das sei im Vergleich zu anderen Garagen, die Oldtimer restaurierten, schnell. Daneben führe er auch noch den Service von rund 100 Oldtimern pro Jahr durch. Meistens müsse er bei dieser Arbeit nicht eilen, denn die Kunden hätten mehrere Autos und seien deshalb nicht auf eine rasche Reparatur angewiesen.

Die alten Gefährte restaurieren zu lassen, würde für die Kunden Geld und Zeit kosten, sagt der Mechaniker. Für die Oldtimerfahrer seien die Gefährte aber wie ein Kind: «Sie sind bereit, dafür zu bluten.» Bei der Restauration benötigt Loris Egli vielfach Ersatzteile. Diese seien je nach Automarke schwer aufzutreiben und oftmals teuer: «Gewisse Ersatzteile kosten so viel wie ein normales Auto.»

Gewisse Ersatzteile kosten so viel wie ein normales Auto.

Loris Egli, Automechaniker

Was auch zur Restauration eines Oldtimers gehört, sei der Motor. Einen Oldtimer mit einem Elektromotor auszustatten, ist für ihn tabu: «Ich finde einen Elektromotor in alten Autos ein Verbrechen», sagt Loris. Er findet es schade, dass diese Massnahme mittlerweile weit verbreitetet sei: «Es ist beim Motor, als würde der Petersdom in Rom abgerissen werden und ein neuer mit einem 3D-Drucker nachgebaut.»

Den Restaurierungsprozess der Oldtimer dokumentiert Loris jeweils mit Fotos und erstellt am Schluss ein Buch. Ein Exemplar gibt er den Besitzern mit, ein weiteres Buch behält er als Erinnerung für sich. In seinem Bücherregal in der Werkstatt reihen sich viele solcher Bücher dicht aneinander.

Nur noch eine Handvoll Oldtimer findet sich bei der Konkurrenz

Die Besitzer von Oldtimern seien meist um die 70 Jahre alt, sagt Sandro Egli. «Wenn bei mir ein 50-Jähriger einen Oldtimer kauft, dann ist er jung.» Auch die meisten Händler würden auf die 70 Jahre zugehen. Sie beide seien eher eine Ausnahme, sagt er.

Wenn bei mir ein 50-Jähriger einen Oldtimer kauft, dann ist er jung.

Sandro Egli, Oldtimer-Händler

Die Eglis sind in Schlieren nicht die Einzigen, die mit Oldtimern handeln. Rund einen Kilometer von ihnen entfernt an der Bernstrasse gibt es ein zweites Geschäft. Es gehört Ruedy Brawand und heisst USA-Autos. Wie Hans-Ruedi Egli ist auch er um die 70 Jahre alt. Über Brawand erzählt Loris Egli: «Früher gab es Schlangen vor dem Areal.» Auch sei einst der ganze Kiesplatz voll mit Oldtimern gewesen, ergänzt sein Bruder. Auf eine Anfrage der «Limmattaler Zeitung» reagierte Brawand nicht.

Heute weisen nur noch eine Handvoll Oldtimer, ein paar Schilder und eine amerikanische Flagge auf das Geschäft hin, das hier einst floriert habe. Während der Generationenwechsel bei ihnen einwandfrei funktioniert habe, sei ihnen bei Brawand noch keine Nachfolgelösung bekannt, sagen die Egli-Brüder.


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