Muskelkater, Händehalten, Recycling: So verbrachte der EHC Basel den Sommer

Seit dem Aus im Playoff-Viertelfinal der Swiss League im Februar ist beim EHC Basel einiges passiert. Wir haben den Basler Eishockeyklub über den Sommer zum Flughafen, in den Europapark und in zahlreiche Trainings begleitet. Ein Tagebuch in fünf Kapiteln.

202 Tage liegen zwischen dem Saisonende des EHC Basel, der als Aufsteiger im Viertelfinal der Playoffs ausschied, und dem Saisonstart am kommenden Donnerstag in Bellinzona. Die Debütsaison nach der Rückkehr ins Profieishockey nach acht Jahren im Amateursumpf verlief weitestgehend erfreulich. Doch jetzt will der EHC Basel sich etablieren und sportlich eine noch bessere Rolle spielen.

Ob im Europapark Achterbahnen fahren, Fitness- und Medizinchecks absolvieren oder mehrere Stunden auf und neben dem Eis schwitzen: Für die Spieler des EHC Basel gab es keine Pause im eigentlichen Sinn. Denn bei allen Tätigkeiten stand eines immer im Fokus: die neue Saison.

28. Juli: Von Vancouver via Zürich Flughafen nach Basel

Es ist lärmig rund um den Zürcher Flughafen. Soeben landet das Flugzeug der Fluggesellschaft Air Canada. Mit an Bord: der letztjährige Topskorer Jakob Stukel. Während der kanadische und slowenische Doppelbürger auf die Passkontrolle wartet, vertreibt sich der neue EHC-Sportchef Kevin Schläpfer die Zeit im Flughafen-Café.

«Für mich bitte einen Latte Macchiato», sagt der Sissacher zur Bedienung und erwidert ein paar Sekunden später: «Nein, ich nehme doch eine Ovomaltine, so eine habe ich schon lange nicht mehr getrunken», und er lacht. Dass es für Schläpfer auch neben dem Eis keine Hindernisse gibt, beweist er auch im Hochsommer mit einer heissen Ovi.

Während Schläpfer an seiner Ovomaltine schlürft, schaut er immer wieder ungeduldig auf sein faltbares Smartphone. «Eigentlich hätte er schon schreiben müssen», sagt er. Doch bis Stukel durch die Ankunftstüre am Flughafen in Zürich tritt, vergehen noch weitere Minuten. Diese Zeit reicht für Ferienrückblicke aus New York und dem Disneyland.

Das perfekte Timing in der Ankunftshalle

Ist die Ovomaltine mal ausgetrunken, geht Schläpfer an den Ausgang der Gepäckkontrolle. Es ist ein perfektes Timing. Denn zwei Minuten später öffnet die Schiebetür und man sieht den Kanadier von weitem grinsen. Mit einem Handschlag heisst Schläpfer ihn willkommen. Denn der Sportchef holt die ausländischen Spieler eigens am Flughafen ab.

Es ist für Schläpfer bereits das zweite Mal in dieser Woche. Vor einem Tag kam Tyler Higgins, der neue kanadische Verteidiger mit Schweizer Lizenz in Zürich an. Brett Supinski vervollständigt als Dritter die Basler Ausländer. Er war wie auch Stukel bereits vergangene Saison in Basel.

Der Flug von Kanada in die Schweiz dauerte über zehn Stunden. Stukel sagt: «Ich habe während dieser Zeit die Serie Prison Break geschaut, ein bisschen gelesen und auch ein kleines Nickerchen gemacht.» Die Zeit sei schnell vorbeigegangen. Nun ist er zurück in der Schweiz mit einem Wagen voll «Hockeystuff». «Ich musste eigentlich nicht viel einpacken», sagt Stukel, der seine Wohnung in Basel noch voller Winterkleidung hätte. Seine Taschen verraten aber etwas anderes.

Bald steht der letztjährige Topskorer wieder auf dem Eis und will sich zusammen mit seinen Teamkollegen in die Playoffs schiessen. In der letzten Saison buchte Stukel 29 Tore sowie 25 Assists und war der fünftbeste Spieler der Swiss League. Er habe hohe Ziele an die diesjährige Saison, sagt er und fügt hinzu: «Wir wollen einen grossen Schritt im Gegensatz zum letzten Jahr machen.» Denn das Team sei hungrig auf mehr.

31. Juli: Ausser Puste und voller Muskelkater im Sommertraining

Das Sommerprogramm steht unter dem Motto «strength and agility». Die aus Langenthal gekommene neue Fitness- und Athletik-Trainerin Leanne Van Diest fordert die Spieler in der Kraft und Beweglichkeit. Auch an diesem Morgen. Neben der St.-Jakob-Arena rennen sich die EHC Basel Spieler auf dem Kunstrasen ausser Puste. Erst vor wenigen Tagen stiessen die Spieler vom Ausland wieder zum Team dazu. Nun heisst es ein erstes Mal: gemeinsames Training.

Van Diest nimmt sich für jeden einzelnen Spieler Zeit. Sie stimmt die Trainings auf die Bedürfnisse der Eishockeyaner ab und lässt in ihren Trainingsplan blicken: Eine typische 75-minütige Einheit besteht aus dynamischen Aufwärmen, Mobilität, Bewegungsvorbereitung, Aktivierung, aber auch aus explosiven Übungen auf niedrigem Niveau und Kerntraining.

Danach gibt es vier Übungen, die von Beschleunigung über Richtungswechsel bis hin zu Höchstgeschwindigkeit reichen. Und zum Abschluss erfreuten sich die Spieler auch an spielerischen Trainingsformen auf kleinem Raum, um die Entscheidungsfindung und die Kondition zu verbessern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Van Diest zieht nach der intensiven Vorbereitungszeit ein positives Fazit: «Die Profis des EHC sind sehr fit.» Seit Anfang Mai trafen sich die Spieler zwei Mal pro Woche zum Training. Neben den EHC-Spielern bringt sie gleichzeitig auch die Liga-Schiedsrichter in Form.

Kurz vor August hatten die Spieler nochmals drei Wochen individuelles Training. Nun rennen sie gemeinsam im Slalom, sprinten mit einem Fitnessband um den Bauch und werfen Medizinbälle. Die Kanadierin will auf dem Rasen die Beweglichkeit der Swiss League Spieler testen. «Wir machen sie parat, dass sie acht Monate performen können», so van Diest.

Wir machen sie parat, dass sie acht Monate performen können.

Leanne van Diest, Fitness- und Atheltik Trainerin

Innige Diskussion über ein Ortungsgerät

Haben die Spieler einmal eine Verschnaufpause, reicht die Kraft immer noch für innige Diskussionen, etwa über das Ortungsgerät Airtag von Apple und wie sie dieses in ihre Koffer packten. Nach einer Stunde sind die Diskussionen und Trainings auf dem Kunstrasen vorbei. Es geht in den Kraftraum im Stadion.

Dort dröhnt amerikanischer Rap aus den Boxen. Dutzende Fitnessgeräte stehen bereit. Zwischen Velos, Hanteln und Boxsäcken gibt es alles, was das Sportler-Herz begehrt. Der Platz neben den etlichen Geräten ist für die Spieler begrenzt. Deshalb teilen sich die Spieler in mehrere kleinere Gruppen auf.

Alban Rexha, der in seine dritte Saison mit dem EHC Basel startet, ist gerade beim Bankdrücken – seinem Lieblingstraining. Schweissperlen laufen über sein Gesicht. Zu Beginn seines Sommertrainings habe er ein wenig Muskelkater gehabt, sagt er und fügt hinzu: «Der schlimmste Muskelkater kommt noch.» Rexha lacht noch darüber, doch spätestens beim intensiven Eistraining wird sein Oberschenkel-Muskelkater ihn auslachen.

Der schlimmste Muskelkater kommt noch.

Alban Rexha, Spieler EHC Basel

2. August: Der Playoff-Traum beim ersten Eistraining

Während draussen Höchsttemperaturen herrschen, braucht es in der Eishalle mindestens wollige Socken und einen Pullover oder eine Ausrüstung samt Trikot. Doch die Eishockeyspieler des EHC Basel sind sich an diese Kälte gewöhnt.

Das Training beginnt. Zuerst spielen die Spieler in den weissen Trikots gegen Team Schwarz eine Trainingspartie. Später üben sie den Torabschluss. Der Puck kracht einige Male ans Plexiglas. Es ist der Weckruf für die St.-Jakob-Arena, die von der Sommerpause nun definitiv erwacht. Das Training ist rau. Die Spieler geben vollen Körpereinsatz und scheuen es nicht, ihren eigenen Gegenspieler so an die Bande zu befördern, dass es kracht.

Der laute Pfiff vom Assistenztrainer Michel Zeiter übertönt aber jedes Geräusch in der Eishalle. Kaum ist die Pfeife aus seinem Mund, versammeln sich alle Spieler um das Trainerduo um Zeiter und seinen Chef Eric Himelfarb, der vergangene Saison zunächst interimistisch übernahm und befördert wurde. Nach einer kurzen Erklärung geht es mit der nächsten Übung weiter.

Wie ein Superheld auf dem Eis

Die Mannschaft teilt sich in mehrere Gruppen auf und beginnt ein paar Runden auf dem Eis zu sprinten. Sie gleiten so schnell über das gefrorene Wasser, als würden sie fliegen. Das wehende Trikot erinnert an den Umhang eines Superhelden. Mit dieser Übung endet das heutige Training. Einige Spieler wälzen sich auf dem Eis, andere dehnen ihren Körper.

Zeiter blickt zufrieden auf den Sommer zurück: «Wir haben ein gutes Sommertraining hinter uns.» Dennoch hätten sie noch viel Arbeit vor sich. Basel will sich auf seine Stärken konzentrieren. «Es ist, was uns das letzte Jahr erfolgreich gemacht hat», so der Assistenztrainer.

In der letzten Saison schnitten die Basler auf dem 6. Tabellenplatz ab und erreichten so den Viertelfinal. Sportchef Schläpfer formulierte das Saisonziel zurückhaltend: Man wolle besser als in der Vorsaison abschneiden und strebe eine Platzierung in den Top 6 an.

Bei Zeiter ist das Ziel für diese Saison etwas weniger zurückhaltend. Der 5. Platz sei ein realistisches Ziel und basiere auf den EHC-Ansprüchen, so der Assistenztrainer. Man wolle die gute erste Saison in der Swiss League bestätigen.

15. August: Extreme Angst und Erholung im Europapark

Die Spieler haben während des Sommers nicht nur hart trainiert, sondern sich auch einmal eine Pause gegönnt und etwas fürs Teambuilding getan. Etwa bei einem Besuch im Europapark. Der Stürmer Yanick Sablatnig erzählt in einer Sprachnachricht vom Ausflug nach Rust:

«Jetzt sind wir auf dem Weg zurück an den Meeting-Point, wo wir das Foto gemacht haben. Es war cool. Wir waren eine Fünfergruppe. Zuerst haben wir etwas gegessen, da wir am Morgen noch ein hartes Training und nur ein Sandwich auf dem Weg hatten. Dann sind wir in Richtung der Blue Fire gegangen. Dort mussten wir ziemlich lange anstehen, denn der Park war heute sehr gut gefüllt. Brett Supinski hatte natürlich wieder extrem Angst, und ich musste seine Hand halten.»

Brett Supinski hatte natürlich wieder extrem Angst, und ich musste seine Hand halten.

Yanick Sablatnig, Stürmer EHC Basel

«Wir haben noch weitere Bahnen gemacht, waren auf die Holzachterbahn Wodan und haben Virtual Reality mit den Brillen getestet. Dort haben wir ein Spiel gemacht, welches lustig war. Das war das Highlight, denn wenn man die Brillen abgezogen hat, hat man die anderen noch gesehen, und das sah lustig aus. Durch die langen Wartezeiten war der Ausflug dann schon fast vorbei.

Zum Abschluss waren wir in Piraten der Batavia. Jetzt haben wir noch eine gute Glace für auf den Weg, dann geht es in Richtung Basel und langsam ins Bett. Morgen früh ist Training.»

18. August: Der Sieg nach der Niederlage im Bruderduell

Die Fans schnappen sich eine Bratwurst, holen sich ein Bier und sitzen auf einen der freien Plätze in der St. Jakob-Arena. Das Testspiel gegen den Partnerklub aus der NLA, den SC Bern, kann beginnen. Auf der Basler Seite steht Andri Henauer im Tor, bei den Berner Bruder Mika in der Verteidigung. In der letzten Saison spielten sie noch Seite an Seite.

Bereits nach den ersten Minuten merkt man, dass der Hunger auf die neue Saison auf dem Eis gross ist. Die Teams gehen hart in die Zweikämpfe. Und nach zwei Minuten voller Druck ist es wenig verwunderlich, dass die Gäste bereits mit 1:0 führen. Bis Basel ausgleicht, dauert es weitere 14 Spielminuten.

Knappe Niederlage im Spiel

Während das Powerplay zu Beginn des Spiels noch chancenlos blieb, können sich die Basler gegen Ende des ersten Drittels in Überzahl bereits besser in der gegnerischen Zone festigen. Dies zeigt auch der Ausgleich. Im zweiten Drittel müssen die Basler aber dann in doppelter Unterzahl agieren. Bern kann diese Situation zwar nicht ausnützen, hämmert den Puck dennoch wenige Minuten später in die Maschen. Neuer Spielstand 1:2.

Kinder klatschen die Spieler nach dem Spiel ab.
In der Pause klatschten die Kleinsten die Spieler in die Pause ab.
Bild: Soraya Sägesser

Basel hat erst im letzten Drittel gute Chancen, das Spiel auszugleichen. Durch einen Check vom Berner Tristan Scherwey, der danach unter die Dusche muss, hat der EHC die Möglichkeit, im fünfminütigen Überzahlspiel auszugleichen. Doch es bleibt bei den Chancen. So mussten sich die Basler nach 60 Minuten mit 1:2 geschlagen geben – aber nicht ganz.

Denn wie es nach vielen Trainingsspielen üblich ist, wird anschliessend noch ein Penaltyschiessen ausgetragen. Dabei setzt sich dann das Swiss-League-Team aus Basel durch.

Recycling von Spielern des SC Langenthal

Nach dem Spiel gegen den SC Bern versammeln sich die Spieler des EHC Basel vor dem Stadion auf der Treppe. Jeder einzelne Spieler – ob neu oder bereits im letzten Jahr in den Basler Farben – wird vorgestellt. Eines fällt auf: Der EHC Basel hat bei den Neuverpflichtungen vom freiwilligen Abstieg des SC Langenthal profitiert. So recycelte der ebenfalls aus Langenthal nach Basel gekommene Sportchef Kevin Schäpfer mit Cédric Aeschbach, Tyler Higgins, Dario Kummer, Vincenzo Küng und Laurin Liniger gleich fünf Spieler, die in der letzten Saison die Farben Blau und Gelb getragen hatten.

Die Spieler des EHC Basel bereiteten sich in neun Testspielen auf die neue Saison vor. Sechs Spiele davon gewannen sie. Die drei Niederlagen kassierte Basel allesamt gegen National-League-Teams.

Nach den neun Vorbereitungsspielen ist die sogenannte Pre-Season nun definitiv vorbei. Für den EHC Basel beginnt die zweite Saison in der zweithöchsten Schweizer Eishockeyliga mit dem Ziel: Platz fünf und dass die nächstjährige Saisonpause dank dem Weiterkommen in den Playoffs dann weniger lang als 202 Tage dauert.


Hinweis: Dieser Artikel erschien am 13. September 2023 in der bz Basel.

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