
Panikattacken, Publikumsliebling, Papa: Wie Dominic Zwerger die Fans am Spengler Cup verzaubert
Das Jahr 2022 war der Tiefpunkt in der Karriere des Ambri-Stürmers Dominic Zwerger. Nach einer Hirnerschütterung hat er mit Panikattacken zu kämpfen. Nun hat Ambri seinen Vertrag verlängert und auch privat geht es bei ihm wieder bergauf.
Alle Spieler des HC Ambri-Piotta stehen nach dem Sieg auf der blauen Linie. Ausser Dominic Zwerger. Der Österreicher fährt nach vorne, hebt den Stock in die Höhe und knallt ihn auf das Eis. Die Spieler folgen mit ihren Stöcken im Takt, die Fans klatschen mit.
Ambri gewinnt nach der Niederlage im Eröffnungsspiel gegen den HC Pardubice am Spengler Cup in Davos das zweite Spiel gegen das finnische Team Kalpa Kuopio mit 5:3. Die Leventiner gehen zweimal in Führung, ehe die Finnen die Partie wieder ausgleichen. Spätestens nach dem verwerteten Penalty durch Verteidigungs-Chef Tim Heed nimmt Ambri-Piotta das Spiel in ihre Hände und siegt.

Bild: Soraya Sägesser
«Ich denke, man hat heute gesehen, dass alle ein gutes Gefühl hatten», sagt Dominic Zwerger nach dem Spiel. Für dieses Gefühl war unter anderem er vor der Partie zuständig.
Rückblick kurz vor dem Spiel: Für einen Moment ist es ruhig in den Katakomben des HC Ambri-Piotta. Diese Stille ist aussergewöhnlich. Denn ansonsten ist es im Gang zwischen Kabine und Eis immer laut. Aber nicht fünf Minuten vor dem Spiel, als die ganze Mannschaft in Ausrüstung für das Spiel bereitsteht.
Plötzlich bricht einer die Stille. Es ist Dominic Zwerger. Der 27-jährige Österreicher schreit so laut wie er kann: «Go boys». Dann schütteln sich die Spieler und klatschen sich mit ihren Fäusten ab. «Diese Motivation ist ein Geben und ein Nehmen», sagt der Vorarlberger. Das Spiel kann losgehen.
Als ihn Panikattacken heimsuchten
Dominic Zwerger trägt bereits seit sieben Saisons das Trikot von Ambri. Doch das bekannte verflixte siebte Jahr erlebte er ein Jahr früher. 2022 war das schlimmste Jahr in seinem Leben. Doch dazu später mehr. Nachdem Ambri ihn verpflichtet hatte, war er Teil der effizientesten Sturmlinie der Liga und kam in der Saison auf über 40 Punkte.
Heute ist er noch ein durchschnittlicher Spieler der dritten Linie. Auch seine Punkte haben sich halbiert. Der Grund dafür ist etwa das Pfeiffer’sche Drüsenfieber, das ihn während dem Sommertraining im Jahr 2019 heimsuchte. Er kämpfte sich zurück und punktete wieder mehr. Drei Jahre später stoppte ihn eine schwere Hirnerschütterung. Diese kam so plötzlich wie seine Ansprache in den Katakomben. Es war der Tiefpunkt seiner Karriere.
Wenn ich jetzt einen Schritt aus dem Bett mache, dann falle ich um und bin tot.
Dominic Zwerger, Eishockeyspieler HC Ambri-Piotta
Was daraufhin folgte, wünscht man keinem. Tagelang im dunkeln Zimmer, Tränen, Panikattacken. Gegenüber dem TV-Sender MySports sprach Zwerger in einer Dokumentation offen über diese Zeit: «An einem Tag bin ich aufgestanden und die Welt war noch komplett in Ordnung und am nächsten habe ich mir gedacht, wenn ich jetzt einen Schritt aus dem Bett mache, dann falle ich um und bin tot.»

Bild: Soraya Sägesser

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Doch der Vorarlberger kämpfte sich zurück. «Ich habe das nur dank meiner Familie, meinen Freunden und Ambri überstanden», sagt er. Dies sei nun aber Vergangenheit, und er möchte sich auf das Positive in der Zukunft fokussieren. Ein positiver Moment in den letzten Wochen war die Geburt seines zweiten Kindes. «Es ist das Schönste, was es gibt.»
Zum Publikumsliebling gemausert
Während seinen sieben Jahren bei Ambri-Piotta mauserte sich Zwerger in der Leventina zum Publikumsliebling. «Die Fans und ich haben die gleiche Denkart und harmonieren», sagt der 27-Jährige. Trotz seinen stagnierenden Resultaten verlängerte Ambri seinen Vertrag an Heiligabend um weitere zwei Jahre. «Dass sie mir einen Vertrag gegeben haben, freut mich sehr», sagt er weiter.

Bild: Soraya Sägesser
Der Österreicher gehört nach Ambri wie Inti Pestoni. Der Leventiner sagt: «Ambri ohne Zwerger ist null.» Doch Zwerger ist nicht wie Pestoni der Lokalmatador oder die Hoffnung des Tals. Zwerger ist der Auswärtige, der Vorarlberger, der mit seiner Art die Herzen der Fans eroberte. Er trägt die Leidenschaft des Klubs im Körper und ist der Spieler, der während einer spannenden Phase keine ruhige Sekunde auf der Bank verbringt.
Nun will er zusammen mit den Leventinern dieses Jahr am Spengler Cup den Titel verteidigen. Mit dem Sieg gegen Kalpa Kuopio lebt der Traum weiter. «Es ist das Ziel und der Traum, nochmals diesen speziellen Pokal zu gewinnen», so Zwerger. Und es ist das Ziel von Ambri, noch viele Stöcke nach dem Sieg auf das Eis zu knallen und mit den klatschenden Fans im Takt zu feiern.
Hinweis: Dieser Artikel erschien am 28. Dezember 2023 in allen CH Media Zeitungen.