Ein Hauch Uri an der Göschenenstrasse in Basel: Wo die Berge kleiner sind als die Parkplatzsuche

Unsere Stagiaire wohnt im Urner Bergdorf Göschenen und hat sich in der Göschenenstrasse in Basel auf die Spuren nach der Innerschweiz gemacht. Sie hat zwar Ähnlichkeiten gefunden, wurde aber trotzdem enttäuscht.

Von Stau ist weit und breit keine Sicht. Die einzigen Fahrzeuge stehen in der blauen Zone. Durchkommen? Ein Kinderspiel. Parkieren? Schwieriger. Wer an der Göschenenstrasse im Basler Bachletten-Quartier wohnt, kommt dafür gut mit dem Tram heim. Im «echten» Göschenen im Kanton Uri fährt kein Tram, und die Fahrt mit dem Auto wird zur Herausforderung.

Während ich unter der Woche in der Grossstadt bin, lebe ich am Wochenende im 450-Seelen-Dorf im Kanton Uri. Doch obwohl die Basler Göschenenstrasse und das Urner Göschenen 164 Kilometer trennt, gibt es Gemeinsamkeiten. Es ist eine ruhige Gegend mit Familien. Die meisten wohnen schon gefühlt ein halbes Jahrhundert da.

Auf der einen Strassenseite der Göschenenstrasse stehen moderne Einstellhallen mit grauen Türen. Dahinter male ich mir die neusten Schlitten aus. Gegenüber stehen ähnlich grosse Einstellhallen, nur blättert zumindest bei einem Garagentor die grüne Farbe bereits beim Anblick ab. Das Tor quietscht in meinem geistigen Ohr.

Diese Einstellboxen könnten Göschenen perfekt beschreiben. Es ist ein altes und geschichtstüchtiges Dorf und könnte wie die alten Einstellboxen wohl von früher erzählen. Die modernen Garagen symbolisieren dafür den Aufschwung des Bergdorfs. Dank des Skiressorts im benachbarten Andermatt werden neben Abrissbauten neue Häuser gebaut. Es scheint wieder Leben ins Dorf zurückzukehren. Ein Leben zwischen Alt und Neu.

Die Gotthardeisenbahn als Namensgeberin

In der ganzen Schweiz gibt es nur eine Göschenenstrasse: jene in Basel. Nicht einmal in meinem Heimatkanton gibt es so etwas. Doch weshalb hat eine Grossstadt wie Basel eine Strasse nach einem Dorf mit 450 Einwohnerinnen und Einwohnern benannt? Der Grund ist wohl die Gotthardeisenbahn.

Denn im Buch «Die Basler Strassen und ihre Namen» von André Salvisberg steht: «Die von der Gleisführung der Gotthardeisenbahn angeregten nordalpinen Ortsnamen des Bachlettenquartiers haben ihr Gegenstück im Bruderholzquartier mit Strassennamen von Tessiner Orten an der Gotthardstrecke.» Von Göschenen nach Airolo wird in Basel vom Bachletten ins Bruderholz.

«Im Neubadquartier haben viele Strassen einen Urner Bezug», sagt Paul Haffner, Präsident der Nomenklaturkommission. Gemäss mehreren Hinweisen wurde die Göschenenstrasse im Jahr 1920 amtlich benannt und elf Jahre später erstellt.

Frau mit pinken Haaren posiert mit dem Strassenschild der Göschenenstrasse in Basel.
Die Göschenenstrasse besteht bereits seit 1920.
Bild: Nicole Nars-Zimmer

Liegt neben dem Paradies

Ein Bewohner wünsche sich eine Gurtnellenstrasse, sagt er. Denn neben der Göschenenstrasse sind etwa die Erstfeld-, Realp-, Gotthard-, Furka-, Oberalp- sowie die Schöllenenstrasse zu finden. Dass neben der Göschenenstrasse die Paradieshofstrasse liegt, verwundert zumindest mich nicht.

Doch das echte Paradies liegt nicht etwa im Bachletten, sondern in den Bergen. Und was Berge angeht, suche ich hier vergebens danach. Während ich zu Hause von hohen Bergflanken umgeben bin, gibt es hier nicht einmal einen kleinen Hügel.

Ich suchte nicht nur vergebens nach Bergen, sondern auch nach Bewohnerinnen und Bewohnern aus der Innerschweiz. Doch nach einer halben Stunde traf ich dann doch eine ältere Dame aus Nidwalden. Endlich. Ihr «Ja» anstatt «Jä» gab mir Hoffnung, dass in diesem Quartier doch noch ein Funken Zentralschweiz übrig ist.

Dennoch muss ich eingestehen: Nicht überall, wo Göschenen draufsteht, ist auch Göschenen drin.


Hinweis: Dieser Artikel erschien am 31. August 2023 in der bz Basel.

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